Gemeinsam mehr erreichen!

„Gemeinsam mehr erreichen!“ – das ist die Titelüberschrift des kürzlich erschienenen GÖD-Magazins anlässlich der mit über 90% erfolgten Neuwahl von Mag. Dr. Eckehard Quin zum neuen Vorsitzenden der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst beim außerordentlichen GÖD-Bundeskongress am 12. September 2023.

Dieser Leitspruch hat in vielen Bereichen Berechtigung. Er trifft  auch auf die Vertretung der Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen aus der Justiz, insbesondere der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie der  Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter (RiAA) zu.

Die – wenn auch mit teils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – gebündelte Verfolgung gemeinsamer Ziele durch die Standesvertretungen hat sich in der Vergangenheit bewährt. Es mag sein, dass die Umsetzung wichtiger Vorhaben oft lange auf sich warten lässt und teils noch immer ausständig ist. Und doch konnte in den letzten Jahren viel Positives gemeinsam erreicht  werden und bestehen zu einzelnen, aber wichtigen Aspekten auch vielversprechende Ausblicke für die Zukunft. Vom drohenden „stillen Tod“ der Justiz kann heute wohl mit Recht nicht mehr gesprochen werden. Ganz im Gegenteil hat es in der jüngeren Vergangenheit doch merkliche Verbesserungen im Planstellenbereich für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und  Staatsanwälte sowie für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter – zu den RiAAs erfreulicherweise auch im Gehaltsbereich – gegeben, die an dieser Stelle Erwähnung finden sollen.

So wurden mit dem Budget 2023 insbesondere jeweils 24 zusätzliche richterliche und staatsanwaltschaftliche Planstellen, 15 neue Planstellen für RiAAs und 18 für juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen. Auch der (zu Redaktionsschluss noch nicht im Parlament beschlossene) Entwurf für das Budget 2024 sieht mit dem Bundesfinanzgesetz (BFG) 2024 (2178 BlgNR 27. GP) erfreulicherweise zusätzliche Planstellen, nämlich 30 für Richterinnen und Richter, 4 für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und 25 für RiAAs vor. Zusätzlich sollen jeweils 20 Planstellen für juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für Verfahrensmanagerinnen und -manager geschaffen werden, was für die Weiterführung des Projekts „Aufgabenkritik“ erforderlich ist, um den richterlichen Bereich von administrativen Arbeiten entlasten zu können, die nicht den Kernbereich der Entscheidungstätigkeit betreffen.

Diese Zuwächse im Planstellenbereich waren und sind auch dringend erforderlich um den steigenden Anforderungen im richter- und staatsanwaltschaftlichen Bereich auch künftig ohne drohendem Qualitätsverlust gerecht werden zu können.

Seitens der GÖD verfolgte Verbesserungen konnten aber auch im Gehaltsbereich für die RiAAs und somit für die angehenden Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte erzielt werden. So wurden mit 1. Jänner 2023 (auch unter Berücksichtigung des seitens der GÖD für 2023 erzielten und stets über der damaligen Inflationsrate liegenden Gehaltsabschlusses) die Gehälter für RiAAs signifikant erhöht und zwar um + 23,8 % (ohne) und um + 34,4 % (mit Richteramtsprüfung).

Sehr erfreulich ist ebenfalls, dass auch die seitens der GÖD zuletzt intensiviert (so auch zur letzten Dienstrechts-Novelle 2023) geforderte Erhöhung des  Ausbildungsbeitrags für Rechtspraktikant:innen (§ 17 Rechtspraktikantengesetz [RPG]) ab dem 8. Ausbildungsmonat nun umgesetzt werden dürfte. So sieht der aktuelle Entwurf des Budgetbegleitgesetzes 2024 in Artikel 6 zu § 17 Abs 1 RPG vor, dass „Der Ausbildungsbeitrag […] für einen Kalendermonat 50%, ab dem achten Ausbildungsmonat 100% des Monatsentgelts iner Vertragsbediensteten oder eines Vertragsbediensteten der Entlohnungsgruppe v1, Entlohnungsstufe 1 (§ 71 Abs. 1 VBG) [beträgt].“ Das würde ab dem 8. Ausbildungsmonat eine Verdoppelung des Ausbildungsbeitrags von (dzt) rd 1.557 € brutto/mtl auf sodann (dzt) rd 3.115 € brutto/mtl bedeuten. Dadurch soll – den Erläuterungen folgend – „Die Stellung von Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten, deren Gerichtspraxis verlängert wurde, […] in Hinblick auf deren Ausbildungsbeitrag verbessert werden“. Auf eine entsprechende (zu Redaktionsschluss noch nicht erfolgte) Beschlussfassung durch den Gesetzgeber bleibt zu hoffen.

All diese gehaltsrechtlichen Verbesserungen im Bereich unserer Berufseinsteiger:innen und angehenden Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind wichtige Schritte um rekrutierungsmäßig auch künftig am stark umkämpften juristischen Arbeitsmarkt die „Besten der Besten“ für die Justiz gewinnen zu können.

Bei all diesen Verbesserungen bleiben aber noch ungelöste „offene Baustellen“, die den davon betroffenen Kolleginnen und Kollegen keine dringend erforderliche Entlastung bringen und darüber hinaus in Teilbereichen sogar den Eindruck gehaltsrechtlicher Ungleichbehandlung erzeugen.

So nachvollziehbar eine geplante Zuweisung des größten Teils der richterlichen Planstellen für den Bereich „Wien“ mit – auch großstadtbedingt – ganz besonderen Herausforderungen ist, so berechtigt ist auch die Erwartungshaltung unserer Kolleginnen und Kollegen in den „Bundesländern“ nach einer personellen Stärkung auch ihrer Bereiche, zumal auch dort die Anforderungen stetig gestiegen sind. So erfreulich und dringend notwendig gehaltsrechtliche Verbesserungen – auch aus Rekrutierungsgesichtspunkten – für  Berufseinsteiger:innnen und angehende Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind, so berechtigt ist auch der Wunsch nach Gehaltserhöhungen um in den betroffenen Teilbereichen vergleichbare Arbeit auch gleich zu entlohnen. Warum mit der Fach- und Dienstaufsicht betraute staatsanwaltschaftliche Gruppenleiterinnen und -leiter deutlich weniger verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen bei der WKStA, warum erstinstanzliche Richterinnen und Richter (gerade auch aktuell in prominennten Strafverfahren) teils deutlich  weniger verdienen als ebenfalls erstinstanzlich tätige Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und warum Richterinnen und Richter des jeweils charakteristisch Instanzaufgaben  wahrnehmenden Bundesverwaltungsgerichts BVwG) und Bundesfinanzgerichts  (BFG) gehaltsrechtlich doch deutlich geringer eingestuft sind, als vergleichbare andere Organisationseinheiten in der ordentliche Gerichtsbarkeit, ist nicht nachvollziehbar.

Auf entsprechende Verbesserungen in diesen Bereichen werden wir seitens der GÖD gemeinsam mit unseren befreundeten richter- und staatsanwaltschaftlichen Standesvertretungen – hoffentlich auch mit entsprechender Unterstützung der politischen Entscheidungsträger – auch in der Zukunft drängen.


Ganz nach dem Motto: „Gemeinsam mehr erreichen!“


Martin Ulrich

RZ 2023 | Österreichische Richterzeitung