Gemeinsam in die Zukunft!

Neuwahlen in der Bundesvertretung Richter*innen und Staatsanwält*innen in der GÖD

Ein weiteres wichtiges Thema bildet – insbesondere auch aus Rekrutierungsgesichtspunkten – ein attraktives und ausgewogenes Gehaltschema, v.a. in den Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit des Bundes.

Alle fünf Jahre werden in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), die über 255.000 Mitglieder aus allen Bereichen des Öffentlichen Dienstes vertritt, die Gewerkschaftsorgane und -gremien neu gewählt. Dies betrifft auch die Bundesvertretung Richter*innen und Staatsanwält*innen in der GÖD, die neben den beiden genannten Berufsgruppen auch die Richteramtsanwärter*innen vertritt.

So fand am 5. Mai 2021 (der Corona-Pandemie geschuldet via Zoom) unter Teilnahme des GÖD-Vorsitzenden Dr. Norbert Schnedl der sogenannte Bundestag, der sich aus (delegierten) Vertreter*innen unserer Berufsgruppen aus ganz Österreich zusammensetzt, statt.

In dessen Rahmen wurde ich zum neuen Vorsitzenden unserer Bundesvertretung gewählt. Zu meinen beiden Stellvertretern wurden Dr. Peter Wolfgang Egger, LL.M. (LG Salzburg), der bereits viele Jahre als Landesvorsitzender für Salzburg tätig ist, und MMag. Elisabeth Brunner (BFG), die wie in den vergangenen Jahren auch künftig der GÖD-Bundesfachgruppe Verwaltungsgerichte vorstehen wird, berufen. Unterstützt werden wir durch das ebenfalls neu gewählte Team der sogenannten (erweiterten) Bundesleitung. Diese setzt sich aus Vertreter*innen praktisch aller richter- und staatsanwaltschaftlichen Tätigkeitsbereiche aus allen Bundesländern zusammen. Es freut mich, dass es (wieder) gelungen ist, unsere verschiedenen Aufgabenbereiche fachlich und regional bestmöglich abzubilden. Betreffend das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und das Bundesfinanzgericht (BFG) wird dies auch durch die bereits erwähnte Bundesfachgruppe, in der auch Mag. Gerhard Höllerer (BVwG) als Stellvertreter der Vorsitzenden tätig ist, hervorragend gewährleistet.

Anlässlich des Bundestages wurde auch Mag. Christian Haider, der seit dem Jahr 2014 die Funktion des Vorsitzenden ausübte und mit der erfolgten Neuwahl aus der gewerkschaftlichen Standesvertretung ausschied, verabschiedet. Er hat unsere gemeinsamen Anliegen stets mit großem persönlichen Einsatz und Engagement vertreten. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute!

Doch nun zu den Themen, die die gewerkschaftliche Standesvertretung aktuell und künftig beschäftigen und auch fordern werden:

Hier ist zunächst die Bewältigung der Corona-Pandemie zu nennen, in deren Rahmen wohl auch künftig (wenn auch hoffentlich abnehmend) auf bestmöglichen Schutz der Gesundheit der Kolleg*innen durch weitere (Auffrischungs-)Impfungen, Testmöglichkeiten und sonstige Schutzmaßnahmen zu drängen sein wird. Der trotz intensiver Bemühungen der Standesvertretungen aber auch der Justizverwaltung viel zu spät beginnende Impfstart der – insbesondere besonders exponierten – Justizangehörigen darf sich nicht wiederholen! Weiters ist zu erwarten, dass die vielfach befürchteten wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise auch vor der Justiz in Form von Anfallssteigerungen, wie z.B. bei Insolvenz- sowie Miet- oder Arbeitsrechtsverfahren, nicht Halt machen werden. Eine verbesserte Personalausstattung – insbesondere im richterlichen Bereich – wird deshalb ebenso erforderlich sein wie eine verstärkte Aufnahme von Richteramtsanwärter*innen, weil auch den starken Pensionsabgängen der nächsten Jahre rechtzeitig gegengesteuert werden muss. Im Bereich des Bundesverwaltungsgerichts werden Anfallssteigerungen wohl aufgrund des in Aussicht genommenen Informationsfreiheitsgesetzes, aber auch aufgrund der nach der Corona-Krise schwer abschätzbaren Migrations- und Beschäftigungssituation zu erwarten sein. Beim Bundesfinanzgericht muss überdies dem Mangel an qualifiziertem Verwaltungspersonal begegnet werden. Schließlich gilt es auch hinsichtlich künftiger „Sparpakete“ zur allfälligen „Gegenfinanzierung“ der Krisenkosten wachsam zu bleiben, auch wenn es diesbezüglich derzeit keine Anhaltspunkte gibt und ein solcher Schritt dem ersehnten Wirtschaftsaufschwung wohl abträglich wäre. Darüber hinaus wird uns in den nächsten Jahren aber auch die Einführung des „elektronischen Aktes“ weiter beschäftigen. Hier ist unter enger Einbindung der Praxis der Aufwand der Entscheidungsorgane für die Aktenbearbeitung möglichst gering zu halten und gleichzeitig eine ressourcenschonende Umstellung, insbesondere für ältere, allenfalls weniger EDV-affine Kolleg*innen sicherzustellen. Und inwieweit künftig sogenannte „künstliche Intelligenz“ tatsächlich Einzug in unser Arbeitsleben finden wird, werden wir ebenso kritisch beobachten.

Im staatsanwaltschaftlichen Bereich gilt es – zum Vorteil von Justiz und Politik – durch eine mit ausreichender Unabhängigkeit ausgestaltete Weisungsspitze die „Anscheinsproblematik“ zu beseitigen und die dafür erforderlichen dienst- und organisationsrechtlichen Rahmenbedingungen für die unmittelbar betroffenen Kolleg*innen sicherzustellen. Dabei muss auch zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt werden, um der vielfach geforderten Verfahrensbeschleunigung ohne Qualitätsverluste entsprechen zu können.

Ein weiteres wichtiges Thema bildet – insbesondere auch aus Rekrutierungsgesichtspunkten – ein attraktives und ausgewogenes Gehaltschema, v.a. in den Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit des Bundes. Aber auch die Möglichkeit, bei nicht entgegenstehendem dienstlichen Interesse die Auslastung (wie sonst im öffentlichen Dienst) auch im richterlichen Bereich aus sonstigen Gründen herabsetzen zu können, ist ein wichtiger Aspekt, um die Leistungsfähigkeit, aber auch die Gesundheit der Kolleg*innen über die gesamte Berufslaufbahn bestmöglich erhalten zu können.

Kurzum: die Aufgaben sind auch künftig zahlreich. Umso mehr freut es mich, ein exzellentes Team an meiner Seite zu wissen. Wir werden uns – gemeinsam mit unseren befreundeten Standesvertretungen, insbesondere der Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter sowie der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte – all diesen Herausforderungen stellen und versuchen, diese bestmöglich zu bewältigen.

Martin Ulrich

RZ 2021 | Österreichische Richterzeitung