GÖD-Bundesvertretung der Richter:innen und Staatsanwält:innen betreibt weiter langjährige Gehaltsforderungen!

Mit unseren richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Gehaltsforderungen haben wir bereits die Frau Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić, LL.M. befasst, die diesbezüglich „alle Bestrebungen, die darauf abzielen, für die Justizbediensteten eine aufgaben- und leistungsgerechte Entlohnung sicherzustellen“, unterstützt.

Die Ausgestaltung der Einkommen von Richter:innen und Staatsanwält:innen stellt nicht nur einen wesentlichen Aspekt ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit dar. Das Gehalt ist auch ein wesentliches Entscheidungskriterium bei der Berufswahl und muss sowohl einem Vergleich mit anderen juristischen Kernberufen standhalten, als auch internationalen Standards entsprechen. Insbesondere in Zeiten verstärkter Pensionierungen geburtenstarker Jahrgänge, die sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst zu einem hohen Bedarf an ausgezeichneten Jurist:innen führen, ist auch die Gehaltsfrage – neben anderen Gesichtspunkten – ein wichtiger Aspekt, um auch künftig die Besten der Besten für eine Tätigkeit in der Justiz gewinnen zu können. Hinzu kommt, dass nicht nur in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungs- und gerichtlichen Strafverfahren, sondern auch in anderen Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit, aber auch bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Bundes, die Anzahl komplexer Verfahren und damit auch der mit der Erledigung dieser Verfahren verbundene Aufwand (z.B. Wirtschaftsstrafverfahren, Anlegerverfahren, UVP-Verfahren etc.) stetig steigt. Diesen kontinuierlich steigenden Anforderungen wird das bestehende Besoldungssystem der an den Bezirks- und Landesgerichten sowie beim Bundesverwaltungs- (BVwG) und Bundesfinanzgericht (BFG) tätigen Richter:innen sowie der bei den Staatsanwaltschaften tätigen Gruppenleiter:innen jedoch nicht ausreichend gerecht.

Überdies bestehen besoldungsrechtliche Ungleichbehandlungen zwischen Richter:innen der Bezirks- und Landesgerichte einerseits und Staatsanwält:innen andererseits, die aufgrund der in all diesen Bereichen bestehenden Anforderungen sachlich nicht gerechtfertigt erscheinen. So ist etwa nicht ersichtlich, warum Richter:innen der Bezirks- und Landesgerichte (Gehaltsgruppen R1a und R1b) jeweils weniger als erstinstanzlich tätige Staatsanwält:innen (Gehaltsgruppe St1) verdienen. Warum teils besonders eingriffsinvasive Entscheidungen an den Bezirksgerichten (beispielsweise im Familienrecht) oder etwa die Tätigkeit von Strafrichter:innen (z.B. in medial präsenten Großverfahren) gehaltsmäßig „weniger wert“ sind, ist nicht nachvollziehbar. Aber auch die ab der Gehaltsstufe 5 geringeren Gehaltsansätze der Gehaltsgruppe R1a (Bezirksgericht) gegenüber R1b (Landesgericht) werden oft als ungerecht empfunden. Auch an den Bezirksgerichten werden auf Grund gesetzlicher Eigenzuständigkeiten Verfahren von vergleichbar hoher Komplexität und Eingriffsintensität wie an Landesgerichten geführt. Zum anderen wurden seinerzeit durch die Wertgrenzennovelle Zuständigkeiten vom Landes- zum Bezirksgericht verlagert, was eine unterschiedliche gehaltsmäßige Behandlung auch nicht rechtfertigt. Solch unterschiedliche Entlohnungen erzeugen bei den davon nachteilig Betroffenen den unzutreffenden Anschein unterschiedlich hoher Verantwortung und den Eindruck unterschiedlicher Wertschätzung durch den Dienstgeber. Dies sollte durch Schließung der (in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausschließlich in erster Instanz) noch bestehenden Gehaltsdifferenzen behoben werden. Wohl auch deshalb war schon im Regierungsprogramm 2008-2013 (XXIV. Gesetzgebungsperiode) vorgesehen, ein „gemeinsames Gehaltsschema für Richter/-innen und Staatsanwälte/-innen“ zu schaffen. Durch die Angleichung der Gehaltsgruppen R1a und R1b jeweils auf das Niveau der Gehaltsgruppe St1 könnte ein solches einheitliches erstinstanzliches Gehaltsschema geschaffen und auch aus Rekrutierungsgesichtspunkten ein wichtiger Beitrag geleistet werden.

Gehaltsmäßigen Verbesserungsbedarf gibt es aber auch im staatsanwaltschaftlichen Bereich. Wie generell, steigen die Anforderungen auch bei den Gruppenleiter:innen. Bereits im Jahr 2019 wurde seitens des Bundesministeriums für (damals auch: Verfassung, Reformen, Deregulierung und) Justiz unter Einbindung der Staatsanwaltschaften und der Standesvertretung ein „Leitfaden für die staatsanwaltschaftliche Gruppenleitung“ (Staatsanwaltschaftliche Gruppenleitung / Unterstützen – Steuern – Entscheiden) erstellt, der neben den rechtlichen Rahmenbedingungen insbesondere die seitens der Gruppenleiter:innen im Rahmen der Fach- und Dienstaufsicht (und auch abseits davon) wahrzunehmenden Aufgaben beinhaltet (vgl hiezu den Erlass des BMVRDJ vom 9.12.2019, GZ BMVRDJPr419.02/0023-III 5/2019). Um dem damit gestiegenen Aufgabenund Verantwortungsbereich von Gruppenleiter:innen gerecht zu werden, aber auch um in diesem wichtigen Bereich der Qualitätskontrolle (im Vergleich zur WKStA, aber auch zu den Oberstaatsanwaltschaften) Anreize für einen Verbleib höchstqualifizierter Staatsanwält:innen bei ausschließlich erstinstanzlich tätigen Staatsanwaltschaften zu schaffen, wäre eine Attraktivierung der Dienstzulagen der staatsanwaltschaftlichen Gruppenleiter:innen geboten.

Das Erfordernis nach Gehaltsarrondierungen besteht aber auch bei den Richter:innen des Bundesverwaltungs- (BVwG) und des Bundesfinanzgerichtes (BFG), üben sie doch, wie auch der Verfassungsgerichtshof explizit zum BVwG bestätigt hat (VfGH vom 25.11.2015, G 403/2015), Tätigkeiten aus, „die für ein Instanzgericht charakteristisch“ sind, was sich wohl auch in der einem (regelmäßig in zweiter Instanz einschreitenden) Oberlandesgericht (OLG) vergleichbaren Stellung des BVwG im Justizressort und des BFG im Finanzressort widerspiegelt. BVwG und BFG werden inhaltlich als zweite Instanz direkt unterhalb der Höchstgerichte (Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof) tätig. Sie nehmen umfassende Kontrollund Rechtsschutzagenden hinsichtlich der gesamten Verwaltung (einschließlich ihrer obersten Organe bzw. der Spitzenbürokratie) wahr.

Dieser Stellung wird das aktuelle (unterhalb einem Oberlandesgericht angesiedelte und bis inklusive der Gehaltsstufe 4 der Gehaltsgruppe R1c unter den staatsanwaltschaftlichen erstinstanzlichen Gehaltsansätzen liegende) Gehaltssystem des BVwG und des BFG – auch aus Gesichtspunkten der in diesen Bereichen unterschiedlichen Rekrutierungssituation – nicht gerecht.

Höhere Gehaltsansätze, etwa jene für Prokuratursanwält:innen der Finanzprokuratur (vergleichbar einem Oberlandesgericht) würden hingegen angemessene Attraktivierungen für alle Altersgruppen im Bereich der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit bringen. Schließlich ist auch die Differenz von bloß 73 Euro (brutto!) zwischen den Gehältern von Richteramtsanwärter:innen ohne und mit Richter:innenamtsprüfung reformbedürftig, wird doch diese bloß geringe Gehaltsdifferenz den somit „fertigen“ und ausbildungsmäßig ernennungsfähigen Richter:innen bzw Staatsanwält:innen nicht gerecht. Mit unseren richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Gehaltsforderungen haben wir bereits die Frau Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić, LL.M. befasst, die diesbezüglich „alle Bestrebungen, die darauf abzielen, für die Justizbediensteten eine aufgaben- und leistungsgerechte Entlohnung sicherzustellen“, unterstützt. Die genannten Gehaltsarrondierungen scheinen ihr „grundsätzlich durchaus geeignet, um bestqualifizierte Juristinnen und Juristen nicht nur für die Justiz gewinnen, sondern auch dauerhaft an die Justiz binden zu können.“ Zur Umsetzung besoldungsrechtlicher Anpassungen verwies sie auf die nach dem Bundesministeriengesetz kompetenzmäßige Zuständigkeit des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, bezüglich der budgetären Bedeckung auf jene des Bundesministers für Finanzen, weshalb wir seitens der GÖD-Bundesvertretung der Richter:innen und Staatsanwält:innen zuletzt auch an den Herrn Vizekanzler und für den öffentlichen Dienst zuständigen Bundesminister Mag. Werner Kogler mit einem entsprechenden Gesprächsersuchen herangetreten sind. Es bleibt abzuwarten, wieviel den politisch Verantwortlichen die fordernde Tätigkeit unserer Kolleginnen und Kollegen in den genannten Bereichen „wert“ ist.

 

Martin Ulrich


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